Ich freue mich ja immer sehr, wenn ich über das Kontaktformular Rückmeldungen zu diesem Blog bekomme. Gut zu wissen, dass ich hier nicht einfach in den leeren Raum schreibe. Viele Fragen, die LeserInnen mir stellen, betreffen den Ablauf einer BDSM Session. Wie fängt man an? Wird vorher genau festgelegt, was in der Session passieren soll oder entwickelt sich das spontan? Darf man zwischendrin auch mal eine Pause einlegen? Und woher weiß man, dass die Session vorbei ist? Auf diese Fragen gibt es vermutlich genau so viele Antworten wie es BDSM praktizierende Menschen gibt und keine davon ist richtig oder falsch. Alles, was Spaß macht und im Konsens passiert, ist erlaubt. Ich erhebe mit meinem Versuch einer Antwort hier also keinerlei Anspruch auf eine allgemein gültige Regel oder gar Anleitung. BDSM ist wahnsinnig vielfältig und das ist auch gut so. Ich habe einfach Lust, meine Perspektive beizusteuern und werde daher in Zukunft immer mal wieder Sessions schildern, die ich selbst erlebt habe. Da mir die Frage nach dem Ablauf einer BDSM Session hauptsächlich von BDSM AnfängerInnen gestellt wird, werde ich außerdem ein paar Details zu Vorbereitung und Hintergrund der Session zusammenfassen um das Ganze etwas einzuordnen.
Hintergrund & Vorbereitung
Den Spielpartner, über den ich in diesem Post schreibe, kenne ich seit einem knappen Jahr. Wir haben uns auf einer Dating App kennengelernt und treffen uns alle ein bis zwei Monate bei mir zuhause wenn ich mal einen kindfreien Abend habe. BDSM steht bei unseren Treffen im Vordergrund, aber wir waren auch schon mal in der Sauna, spazieren, im Café, haben zusammen gekocht. Was BDSM angeht, sind wir beide recht erfahren und haben uns ausführlich über Vorlieben und Tabus ausgetauscht, bevor wir das erste Mal gespielt haben. Auch am Tag vor dem Treffen, das ich hier beschreibe, haben wir noch einmal kurz besprochen worauf wir Lust haben und was der grobe Rahmen für unsere bevorstehende Session sein soll. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass wir unter anderem mit den Elementen Atemreduktion, Bondage und Schmerzen spielen möchten. Die genaue Planung überlasse ich aber grundsätzlich gern meinem dominanten Partner. Als ich ihn dann von der U-Bahn abgeholt habe, habe ich schon den Rohrstock (eingewickelt in ein Tuch) oben aus seinem Rucksack hinausragen sehen und mich gefreut.
Kurze Anmerkung zum Thema Breath Play: Die hier beschriebenen Breath Play Praktiken (Blood Chokes und Air Chokes) sind mit Risiken verbunden und daher in der BDSM Szene durchaus umstritten. Meiner Meinung nach lassen sie sich unter Edge Play einordnen. Ich habe in diesem Fall für mich entschieden, dass ich die Risiken vertretbar finde, u.a. weil mein Spielpartner Kampfsportler ist und die Griffe in diesem Kontext gelernt hat.
Unsere Session
Wir liegen auf meinem Sofa, du sitzt hinter mir und ich lehne mich an dich. Wir küssen uns, du streichst über meinen Hals und Nacken, fasst sanft an meine Kehle. Ich bekomme am ganzen Körper Gänsehaut. Irgendwann drückst du zu. Du würgst mich so heftig, dass ich nicht mehr atmen kann. Nach ein paar Sekunden ohne Sauerstoff bekomme ich Panik und du lässt los. Dann drückst du wieder zu, ich bekomme Panik, du lässt los. Du drückst zu, ich bekomme Panik, du lässt los. So geht es eine ganze Weile. Zuerst wehre ich mich noch recht heftig, irgendwann lasse ich mich mehr und mehr fallen. Ich vertraue dir.
Ich soll mich vor dir auf den Boden knien und meine Hände ausstrecken. Mit Seilen fesselst du mich so, dass ich meine Arme über den Kopf halten muss. Es ist eine ziemlich unbequeme Position und ich will mich instinktiv nach vorne beugen um sie erträglicher zu machen. Dann befestigst du zwei Nippelklammern, die durch eine Kette verbunden sind, an meinen Brüsten und die haben es wirklich in sich. Der Schmerz ist stechend und lässt nicht nach. Gespielt mitleidig fragst du mich, ob es sehr weh tut. Dabei grinst du und das macht mich richtig wütend. Also versuche ich, mir den Schmerz nicht anmerken zu lassen. "Du kannst mich mal" würde ich dir am liebsten ins Gesicht sagen. Irgendwie weckt die Situation in mir eine Art sportlichen Ehrgeiz. Als könnte ich als Gewinnerin daraus hervorgehen, wenn ich dir beweise, dass du mir nichts anhaben kannst. Du fängst an, immer wieder leicht an der Kette zu ziehen, die die beiden Klammern verbindet. Erst sanft, dann fester. Ich tue so, als würde es mir nichts ausmachen, was natürlich ein sinnloses Unterfangen ist. Das wissen wir beide. Wir haben beim Spielen immer diese humorvolle Ebene, die ich sehr liebe. Auch in diesem kleinen Machtkampf müssen wir beide zwischendurch lachen. Immer wenn die Schmerzen sehr intensiv werden, schließe ich instinktiv die Augen um sie besser aushalten zu können, aber du befiehlst mir, dich anzuschauen. Wenn meine Augen zufallen, ziehst du stärker an der Kette und der Schmerz wird noch heftiger, bis ich sie wieder öffne. Ich bin dir ausgeliefert. Unsere Dynamik in dieser Situation ist wahnsinnig intensiv und erregend. Ich laufe aus.
Erst als du die Klammern irgendwann abnimmst, merke ich, wie verspannt meine Schultern aufgrund der unbequemen Position sind. Du löst die Seile und für einen Moment fühlt es sich an, als würden meine Arme schweben.
Du fixierst mich auf einem kleinen Hocker. Meine Hände und Füße sind gefesselt und ich habe nicht besonders viel Bewegungsspielraum. Du packst den Rohrstock aus, eines meiner liebsten Schlagwerkzeuge. Ich mag den scharfen, isolierten Schmerz und das Geräusch, das er macht. Du fängst an, mir Schläge auf Oberschenkel und Po zu verpassen und machst zwischendrin immer wieder kleine Pausen. Wenn der Schmerz sehr intensiv wird, winde ich mich hin und her und du ermahnst mich, still zu halten. Wieviel Schmerzen ich aushalten kann (und will) ist immer tagesformabhängig. Heute bin ich eher empfindlich und bin froh, dass du das sofort merkst. Als du aufhörst, bin ich dann aber trotzdem fast ein bisschen traurig. Ein paar mehr Schläge hätte ich schon noch geschafft.
Du fragst, ob wir ins Bett umziehen wollen, und ich nicke. Na dann, sagst du, gehst einfach aus dem Zimmer und lässt mich zurück. Mit gefesselten Händen und Füßen robbe ich nun also zur Tür, den Flur entlang, Richtung Schlafzimmer. Die Türschwelle ist besonders gemein. Außerdem könnte der Boden sauberer sein. Ich hätte vorhin noch Staub saugen sollen. Kurz denke ich an mein Kind und daran, dass es immer tonnenweise Sand vom Spielplatz mit nach Hause bringt und in der ganzen Wohnung verteilt. Dann kommt die Türschwelle zum Schlafzimmer und der stechende Schmerz in meinen Knien bringt meine Aufmerksamkeit zurück ins Hier und Jetzt. Du sitzt auf dem Bett und schaust mir belustigt dabei zu wie ich mich abmühe. Es ist auf eine erregende Art demütigend, so vor dir auf dem Boden herumzukriechen. Ich werfe dir einen trotzigen Blick zu. Mit einem festen Griff in meinen Nacken "hilfst" du mir aufs Bett und umfasst dann von hinten mit einem Arm meinen Hals in einem festen Würgegriff. Langsam drückst du zu. Meine Kopfhaut fängt an zu kribbeln, das Blut rauscht in meinen Ohren und dann bin ich weg. Das nächste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass du mich ohrfeigst und mich fragst ob ich wieder da bin. Ich fühle mich als wäre ich high. Alles ist ein bisschen verschwommen und unwirklich. Ich mag dieses Gefühl. Du positionierst mich auf dem Rücken, löst die Seile an meinen Fußknöcheln, drückst meine Oberschenkel auseinander und vögelst mich kurz und intensiv. Ich mag deinen Gesichtsausdruck wenn du in mir kommst. Jetzt bin ich dran. Mit einem meiner Vibratoren bringst du mich zum Orgasmus. Es dauert nicht lang. Dann bin ich für eine Weile ziemlich weggetreten. Vielleicht bin ich auch einfach kurz eingedöst? Ich erinnere mich auf jeden Fall daran, dass wir gekuschelt haben und ich in deinen Armen lag. Du hast dir ein Glas Wasser geholt und ich habe auch etwas davon getrunken. Langsam komme ich wieder zu mir, du fragst ob es mir gut geht und wir unterhalten uns noch ein bisschen. Du zeigst mir den Trailer von deinem Film, der demnächst Premiere feiern wird. Wir reden über Reisepläne, übers Laufen, Kraftsport und Vitamin B12 Spritzen. Ich biete noch halbherzig an, dir beim Aufräumen und Packen zu helfen (Seile aufrollen etc.), bin aber ganz froh, als du das alleine machst. Zum Abschied umarmen und küssen wir uns. Ich schlafe schnell ein, werde aber nachts ein paar Mal wach und habe seltsame Träume. Am nächsten Tag schreibst du mir, dass es schön war und intensiv (das fand ich auch!), und fragst mich, wie es mir geht und darüber freue ich mich sehr.
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